Das Spiel kreativ kennenlernen

Kinderfußball wird oft als Fußball nur für kleine(re) Menschen wahrgenommen, ist aber bei weitem mehr. Was sich alles hinter Kinderfußball und kindgerechtem Fußball versteckt, erläutert Stephan Klaus, Leiter unserer Abteilung Kinderfußball. Nachgefragt hat Jan Bläs, Mitglied des Vorstands.

Hallo Stephan, wie geht es dir?

Gut, ich bin total zufrieden und freue mich heute auf das Gespräch!

Das hört sich ja sehr positiv an, bist du denn immer so motiviert?

Ich gebe mein Bestes, mir ist es wichtig, eine positive Einstellung zum Leben zu haben und das an meinen eigenen und natürlich auch an die Kinder in den Vereinen weiterzugeben.

Prägt diese positive Einstellung auch deine Einstellung auf dem Platz?


Ja klar! Jürgen Klopp hat gesagt, er möchte die Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen. Für mich im Kinderfußball heißt das, dass ich versuche, dass die Kinder sich jeden Tag auf das nächste Training freuen und sagen, sie haben was gelernt und eine positive Einstellung zum Sport entwickeln.

Würdest du denn sagen, dass du mehr der emotionale Trainer wie Klopp bist oder gibt es bei dir auch die berüchtigte Taktiktafel im Training?

Im Kinderfußball hat eine Taktiktafel nichts zu suchen!

Wieso denn nicht?

Die Kinder sollen frei spielen! Im Kindesalter geht es darum das Spiel kreativ kennenzulernen und es gibt noch gar kein Verständnis über positionsgetreues Verhalten. Es geht hier vor allem um Selbstwirksamkeit. Sie ist ein natürlicher Antrieb für die Entwicklung von jungen Menschen, hier ein starres Korsett durch Taktiktafeln vorzugeben ist kontraproduktiv. Vielleicht ein Beispiel: Als Spieler:in kann ich nur selbstwirksam sein, wenn ich den Ball habe. Wenn ich den Ball habe, kann ICH bestimmen, wie es weitergeht. Frage des Kindes? Wie bekomme ich denn Ball? 1. Ich hole ihn mir vom Gegner – der Trainer feiert mich. 2. Ich bekomme ihn vom Mitspieler gepasst: beide werden gefeiert. 3. Ich hole ihn mir von meinem eigenen Mitspieler – das möchte mein Trainer unterbinden und ich werde nicht gefeiert. Aus Sicht des Kindes sind aber alle drei Handlungen zunächst gleich: „Ich will den Ball, um Selbstwirksam zu sein.“

Es geht hier vor allem um Selbstwirksamkeit. Sie ist ein natürlicher Antrieb für die Entwicklung von jungen Menschen …

Hier wünsche ich mir von allen Trainer:innen, mehr Ruhe und Verständnis für die Kinder und weniger Meckern und Aufrufe an die Kinder. Dazu möchte ich in meinen Workshops die Trainer:innen einladen, damit wir den Kinderfußball aus diesem engen Korsett der Taktik lösen und den nötigen Freiraum für selbstwirksame Entwicklung geben. Aber dabei ist es auch wichtig auch Authentisch zu sein, denn authentizität ist super wichtig für die Kinder als Bezugspunkt. Wer sich verbiegt, erreicht die Kinder nicht, denn wenn ich keinen Spaß habe haben auch die Kinder keinen Spaß.

Glaubst du denn, dass leistungsorientierter Kinderfußball obsolet ist?

Hier kommen die neuen Spielformen im Kinderfußball ins Spiel. Es geht darum, mit einem positiven Ergebnis nach Hause zu gehen. Wer gewinnt und mehr Tore schießt, der hat ein gutes Gefühl und geht glücklich nach Hause, aus dieser Sicht ist natürlich auch Kinderfußball ein Ergebnisorientierter Sport. Aber durch neue Spielformen können die Kinder auch aus den negativen Ergebnissen positives ziehen, durch mehrere kürzere Spiele ergeben sich Anreize für positive Impulse.

Erlebnis statt Ergebnis ist als Philosophie zu kurz gedacht, natürlich freuen wir uns über Tore, keine Frage, das ist ja der Kern des Spiels. Es sollte im Kinderfußball darum gehen, diesen Kern mit positiven Anreizen zur Selbstwirksamkeit anzureichern, damit die Kinder sich optimal entwickeln können. Kleinere Spielformen bieten hier eine gute Möglichkeit dies zu erreichen, da das einzelne Ergebnis nicht mehr das ganze Gefühl bestimmt.

Man rennt im Worst Case mit einem schlechten Gefühl dem gesamten Spiel hinterher, das natürlich auch Trainer:in und Eltern betrifft. Das beeinflusst dann auch die Kommunikation. Schlechter Spielstand fördert schlechte Gefühle und das äußert sich in der Sprache: Ich bin eher dabei, negativ zu sprechen und spiegel das an die Kinder wieder, die dadurch noch enttäuschter werden. Ein Teufelskreislauf und die negative Stimmung dominiert das Spiel.

Mir ist es aber wichtig, eine kindzentrierte Kommunikation, kindgerecht aber auch aus Sicht der Kinder, zu leben. Es hilft da nicht, nur auf die Knie zu gehen, um wortwörtlich auf Augenhöhe zu diskutieren, sondern die Kinder als junge Menschen ernst zu nehmen und die Kinder auch mal ihre Gefühle in ihrer eigenen Form zu akzeptieren.

Wir hatten da z.B. so ein Erlebnis: In der U5 hatten wir ein Foul bei einem Training und zwei Spieler hatten einen kleinen Zusammenstoß. Es wurde, vielleicht etwas rustikal in der Kommunikation, geklärt und fertig war es. Nach dem Spiel meinten die Eltern es noch einmal selber klären zu müssen, da sie die Kommunikation der Kinder untereinander nicht als gleichwertig zu ihren Ideen der Streitschlichtung angesehen haben und eine Entschuldigung forcieren wollten. Sowas ist aber gerade nicht kindgerecht, da wir unsere Kommunikation den Kindern aufdrücken, anstatt sie selbstwirksam sein zu lassen!

Das hört sich alles ganz ganz spannend an, Stephan! Wie bist du denn zu dieser Idee gekommen und welchen Background bringst du dahingehend mit?

Ich bin mittlerweile seit vielen Jahren, man kann schon fast Jahrzehnten sagen, studierter Kindheitspädagoge und habe für den Fußball eine B-Trainerlizenz. Das ist alles ganz theoretisch und die Praxiserfahrung habe ich als „Papatrainer“ meiner Jungs machen dürfen. Ich hab also verschiedene Perspektiven und Erfahrungen, die mir tagtäglich bei meiner Arbeit im Kinderfußball helfen.

Danke für deine ausführlichen Antworten. Hast du noch einen letzten Hinweis, den du uns allen beim GW Marathon mitgeben möchtest?

Genießt die Zeit im Verein und mit den (euren) Kindern! Ohne Eltern und Ehrenamt ist so was tolles wie das Vereinsleben gar nicht möglich. Von daher: Habt Spaß!

Stephan Klaus ist studierter Kindheitspädagoge und in unserem Verein Leiter der Abteilung Kinderfußball

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stephanklaus@gw-marathon.de

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